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Ein Testergebnis in Minuten

Von der wissenschaftlichen Forschung ins Großunternehmen und dann hinein in die eigene Gründung: für Start-up-Gründer ist das kein ungewöhnlicher Weg. Ein Vorteil: Know-how aus universitärer Theorie und wirtschaftlicher Praxis fließen zusammen. Das wollen nun auch die Gründer von LIMATICA beweisen, die ihren Sitz im Technologie Centrum Chemnitz haben. Das sächsisch-bayerische Start-up will die Qualitätsprüfung von Batteriezellen revolutionieren.

Wer einen Kuchen bäckt, nimmt ein Holzstäbchen, um zu prüfen, ob er durchgebacken ist. Das Ergebnis ist im Regelfall ausreichend aussagekräftig: Hat man flüssigen Teig am Holz, sollte das Gebäck wohl noch ein wenig im Ofen bleiben.

Ganz so einfach funktioniert die Qualitätsprüfung bei Batteriezellen nicht. „Im Moment ist das ein ziemlich kostenintensiver Prozess: Frisch produzierte Batterien werden aufgeladen, dann für mehrere Tage unter klimatisierten Bedingungen gelagert – und dann wird geschaut, wie sehr sie sich entladen haben“, erläutert Thomas Günther. Für eine einzelne Zelle würde das vielleicht noch funktionieren: „Bei Produktionskapazitäten von 250.000 Zellen am Tag kann man sich aber vorstellen, wie groß der Energiebedarf zum Aufladen und für die Klimatisierung einerseits und der Platzbedarf zum Lagern andererseits ist“, so Günther weiter. Und Raum, Zeit und Geld investiert man dabei nicht nur in funktionstüchtige Zellen, sondern auch in den Ausschuss, dessen Quote auch bei einer eingespielten Batteriefabrik durchaus mal im zweistelligen Prozentbereich, beim Hochlauf sogar weit über 50 Prozent liegen kann. Denn ob die Batterien ordnungsgemäß funktionieren, weiß man eben erst nach dem Lagerprozess. „Der Prozess ist langsam, ineffizient und teuer“, fasst Günther zusammen.

Das will das Start-up LIMATICA jetzt ändern. Gegründet wurde es von Chemnitzer Elektrotechnikern – neben Thomas Günther auch Paul Büschel – sowie dem Münchener Betriebswirt Bastian Ruther. Günther und Büschel waren über mehrere Jahre wissenschaftliche Mitarbeiter an der Professur Mess- und Sensortechnik der TU Chemnitz. Anschließend unterstützten sie einen deutschen Großkonzern bei der Entwicklung von Anlagen für die Batterieproduktion.

„Die Herstellung von Batterien sieht auf den ersten Blick einfach aus“, sagt Büschel: „Man stellt die Elektroden her, stapelt diese gemeinsam mit dem Separator, baut daraus die Zelle, verschließt sie, füllt Elektrolyt ein und nimmt sie anschließend elektrisch in Betrieb.“ Was klingt wie Kuchenbacken, ist in der Praxis von Großanlagen herausfordernd. „Winzige Fertigungsfehler können ungewollte chemische Reaktionen hervorrufen. Diese Eigenaktivität findet statt, ohne dass die Zelle irgendwo angeschlossen ist, und führt zu ungewollter Selbstentladung.“ Bereits in der Uni-Zeit haben sich Günther und Büschel damit beschäftigt, wie man Batteriezellen zerstörungsfrei testen, wie man schnell ihre Funktionsfähigkeit prüfen kann – ein Wissensvorsprung, der jetzt LIMATICA zugutekommt.

„Wir haben ein Verfahren entwickelt, mit dem wir die Eigenaktivität von Batteriezellen messen können. Damit können Hersteller schnell Fehler identifizieren.“ Wie mit einem Stethoskop horchen sie direkt nach der Produktion in jede Zelle hinein, es sei ein rein passives Verfahren ohne zusätzliche Stromzufuhr, das allein auf Spannungsmessung beruhe. Für die Auswertungselektronik nutzen sie Verfahren des maschinellen Lernens, wofür sie 2024 mit einem KI-Preis im Wert von 100.000 Euro von der Fachzeitschrift „Auto Motor Sport“ ausgezeichnet wurden. Binnen weniger Minuten stellen sie so fest, ob eine Zelle in Ordnung ist – und können direkte Rückmeldung an die Produktion geben. Das ist schon ziemlich nah dran am Holzstäbchentest für den Kuchen.

Im Moment arbeitet LIMATICA an der Skalierung. Für kleinere Messkampagnen ist bereits ein mobiles Testgerät entstanden. Für Pilotversuche an neuen Zellproduktionsstrecken werden derzeit im Technologie Centrum Chemnitz an der Annaberger Straße erste Messstationen gebaut, mit denen Zellen palettenweise geprüft werden können. Angestrebt ist auch die Prüfung ganzer Zellmodule. Schritt für Schritt will LIMATICA so einerseits in der Batteriezellenproduktion Fuß fassen – und nimmt andererseits auch Zweitverwerter von Batterien in den Blick: „Die müssen ja ebenso feststellen, ob eine gebrauchte Zelle noch funktionsfähig ist, bevor sie sie zum Beispiel für Speicherlösungen einsetzen“, erklärt Günther. Man sei gleichermaßen mit Anbietern in Deutschland wie im europäischen Ausland in Gesprächen, die ersten Verträge für Pilotversuche sind unterschrieben.

Wie groß die Hoffnung der Industrie auf die LIMATICA-Entwicklung ist, kann man daran ablesen, wie die erste Finanzierungsrunde des 2024 gegründeten Unternehmens verlief. „Wir haben an einem Accelerator-Programm der TU München teilgenommen – hier konnten wir Kontakte zu potenziellen Entscheidern in der Industrie und zu Kapitalgebern knüpfen.“ In der Vorgründungsrunde sammelte LIMATICA einen siebenstelligen Betrag von Venture Capital Fonds ebenso wie von Business Angels ein. Darüber hinaus werden Förderungen der Sächsischen Aufbaubank in Anspruch genommen.

„Das Geld investieren wir in die Weiterentwicklung“, sagt Büschel. 2025 wurden die ersten zwei Mitarbeiter eingestellt, Büros in Chemnitz und München angemietet. „Dass wir zwei Standorte haben, ist der Biografie der Gründer geschuldet, erweist sich momentan aber als großer Vorteil: In München haben wir die Nähe zu Kunden und Kapitalgebern, in Chemnitz die zum Fachpersonal, das uns weiterbringt.“ Ganz nebenbei bekommt man einen Standort-Vergleich: „Die Mieten für Büroräume sind in Chemnitz deutlich günstiger. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des TCC ist super unkompliziert, hier wird sehr flexibel auf unsere Bedarfe reagiert. Zum Beispiel hatten wir hier auch gleich die Chance, Labor- und Werkstattflächen anzumieten – diese Kombination zu einem erschwinglichen Preis ist in München quasi gar nicht und selbst im Münchener Umland nur sehr schwer zu finden.“

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