Interview mit Silvana Bergk, Leiterin des Geschäftsbereichs Wirtschaft der Stadtverwaltung Chemnitz
Zur Person
Silvana Bergk leitet seit Juli 2022 den Geschäftsbereich Wirtschaft der Stadtverwaltung Chemnitz. Die gebürtige Leipzigerin lebt seit über 20 Jahren in Chemnitz. Bis zu ihrem Wechsel in die Stadtverwaltung 2021 war sie in Leitungsfunktionen bei einem großen Telekommunikationsunternehmen im Sales, Marketing und Projektmanagement.
Frau Bergk, wesentliche Aufgaben der Wirtschaftsförderung wurden im letzten Jahr direkt in die Stadtverwaltung eingegliedert. Welche Vorteile hat das für Unternehmen?
Viele Aufgaben der Wirtschaftsförderung sind ganz eng mit dem Verwaltungshandeln verbunden. Ganz klassisch betrifft das zum Beispiel das Management von Gewerbeflächen. Hier ist schnelles und strategisches Handeln gefragt bei Ansiedlungsfragen, aber auch bei der Aufstellung von Entwicklungsplänen einzelner Stadtgebiete und Areale oder dem aktiven Kontakt zu den Eigentümern von Flächen. Wir als Geschäftsbereich Wirtschaft sehen uns hier in der Pflicht, vorausschauend zu handeln und die richtigen Weichen zu stellen, natürlich immer in enger Abstimmung mit den Unternehmen. Aber auch über Ansiedlungen hinaus ist es unser Anliegen, eine attraktive, wachsende Stadt zu schaffen mit einem schönen Stadtkern, der zum Bummeln und Verweilen einlädt. Dies bedeutet auch, nationale und internationale Fachkräfte nach Chemnitz zu ziehen. Dazu sind wir mit vielen Unternehmen in direktem Austausch, um auch Behördenwege zu optimieren. Chemnitz soll natürlich auch jünger werden. Dazu werden wir die Verzahnung von Schule und Wirtschaft vorantreiben, um bereits Kinder und Jugendliche an die Chemnitzer Firmen und ihre interessanten Berufsbilder heranzuführen. Im Projekt „Wirtschaft trifft Schule“ wirken wir dem Lehrermangel entgegen, indem Unternehmen Ausfallstunden in den Schulen übernehmen und mit spannenden Angeboten, zum Beispiel aus dem Bereich Robotik, insbesondere MINT-Themen in den Fokus rücken.
Kommt diese Neuausrichtung auch Unternehmensgründungen zugute?
Ja, hier gibt es ganz ähnliche Effekte. Wir kümmern uns verstärkt um den Aufbau des Gründeruniversums in Chemnitz. Junge Unternehmen zu fördern und mit den richtigen Partnern zu vernetzen, ist essentiell. Beispielhaft sei das Projekt „Kreativachse“ genannt: Hier hat die Stadtverwaltung eine Bundesförderung zur Attraktivierung der zentrumsnahen Areale am Brühl und auf dem Sonnenberg eingeworben, klassische Stadtentwicklung, die aber auch mit der Ansiedlung kleinerer Unternehmen aus Kultur- und Kreativwirtschaft, Handwerk, Gastronomie und Handel vorangetrieben werden soll. Ähnliche Effekte gibt es, wenn wir uns um die Wiederbelebung von Brachflächen oder alten Industriegebäuden bemühen. Auch hier sind es oft eher jüngere, wachstumsorientierte Unternehmen, die solche Flächen nutzen.
Für welche Art von Unternehmen soll Chemnitz besonders attraktiv sein?
Zur Chemnitzer DNA gehören eine starke Industrie und ein vielfältiges Handwerk, die vor einer beispiellosen Transformation stehen. Unsere Wirtschaftsstrategie zielt darauf ab, aus der Industriestadt Chemnitz eine nachhaltig wachsende IndustrieUND Technologiestadt zu machen. Unsere Stärken in den Bereichen Energie-, Mobilitäts- und Digitalisierungswirtschaft, wo wir bereits leistungsfähige Unternehmen und auch exzellente Forschung in der TU und den Fraunhofer-Instituten haben, wollen wir weiter ausbauen. Auch der Maschinen- und Sondermaschinenbau und Unternehmen aus der Mikroelektronik bleiben wichtig. Das Feld der Wasserstoffwirtschaft wird ebenfalls ein Wachstumsfeld auch für Unternehmensgründungen und -ansiedlungen sein, sobald das nationale Wasserstoffzentrum entstanden ist.
Wie können Sie junge Unternehmen gezielt unterstützen?
Unser wichtigstes Feld ist die Vernetzung. Wir bringen junge Unternehmen und Start-ups in Kontakt zu wichtigen Verbänden wie Silicon Saxony, HZwo, VEMAS, Industrieverein Sachsen und anderen. Wir haben unsere Leistungen mit den Angeboten des Gründerberaternetzes und dem Technologie Centrum Chemnitz verzahnt. Auf gemeinsamen Veranstaltungen wie der Innovation Night mit DIE FABRIK, dem DeutschIsraelischen Mittelstandsforum mit der IHK oder regelmäßigen Unternehmerstammtischen bringen wir junge Unternehmen gezielt mit etablierten Akteuren zusammen. Wir unterstützen ausländische Studierende oder Graduierte beim Schritt in die Selbständigkeit – etwa durch den direkten Draht in die kommunale Ausländerbehörde. Das neue Welcome Center im Herzen der Innenstadt wird ab Juni 2024 insbesondere internationale Fachkräfte beim Ankommen in Chemnitz unterstützen. Die Unterstützung kann also sehr konkret ausfallen, gemäß unserer Mission: „Chemnitz – Einfach. Schneller. Machen.“
Frau Bergk, wir danken für das Gespräch.